Zuhause bei Hänsel und Gretel
Als ich Kind war, bekam ich mein Lebkuchenhaus meistens am Nikolaus-Tag. Es hatte bunte Dachziegeln, eine ausgetüftelte Statik und meistens gab es eine Hexe, manchmal auch Waldtiere oder – ja, ich glaube, das war so – auch mal Hänsel und Gretel. Meine Eltern hatten womöglich die halbe Nacht lang daran gebastelt. Vielleicht war es aber auch fertig gekauft, sollte es diese Bausätze damals schon gegeben haben.
Heute habe ich selber eine Tochter. Und kürzlich scheiterte ich daran, gemeinsam mit ihr ein Lebkuchenhaus zu bauen. Natürlich eines, das wir komplett selbst bauen wollten. Wollten… Irgendwie stimmte die Statik nicht. Vielleicht lag es auch am glutenfreien Mehl, das wir wegen einer Freundin, die mitmachen wollte, genommen haben. Angeblich wird es dadurch bröseliger.
Wie auch immer. Ich fragte mich jedenfalls danach, woher eigentlich diese Tradition des Lebkuchenhaus-Bauens kommt. Schließlich feiern wir ja Weihnachten, insofern würde es mehr Sinn machen, eine Krippe zu bauen. Aber, nein, ausgerechnet ein Hexenhaus. Recherchiert man ein wenig, gibt es da die eine oder andere Erklärung. Lebkuchen gab es offenbar schon in ähnlicher Form in der Antike – und ihm wurde mit all seinen Zutaten, darunter kostbare Gewürze, eine heilende Wirkung nachgesagt.
Im Mittelalter wurde der Lebkuchen dann in den Backstuben der Klöster gebacken – und so entstanden auch die immer neuen Formen: Herzen, Sterne, Figuren…
Etwa vom Jahr 1500 an galt Lebkuchen auch als Patenbrot, das Tanten und Onkel ihren Patenkindern schenkten. Vielleicht war es dann auch irgendwann das Märchen von „Hänsel und Gretel“, das zum Hausbau inspiriert hat. Und zugleich die Idee eines Schlaraffenlandes, das es bereits viel früher gab. Was jedenfalls gibt es Schöneres als ein zuckersüßes Haus, an dem man nach Herzenslust knabbern kann? Und so war es wohl bereits damals üblich, Lebkuchen-Häuser zu bauen und sie vor Weihnachten an Kinder, kirchliche Würdenträger oder auch arme Menschen zu verschenken.
Was mit meinen Lebkuchenhäusern damals passierte? Sie wurden nicht beknabbert, staubten bis Ostern voll und wurden dann irgendwann mit einer Mischung aus Heimlichkeit und Stillschweigen entsorgt. Und das aktuelle Haus mit der schwachen Statik, das inzwischen bei uns zuhause auf dem Klavier steht? Das wurde jetzt schon leicht beknabbert, auch wenn inzwischen zwei zuckrige Elche dort eingezogen sind.
Das Rezept geht so – und ist selbst bei einem krummen und schiefen Haus tierisch lecker!
Lebkuchenhaus
Zutaten
200 g Butter, 500 g Honig, 200 g Zucker, 3 EL Kakaopulver, 1 Beutel Lebkuchengewürz, 1 kg Mehl, 1 Beutel Packpulver, 2 Eier, 1 Prise Salz, außerdem 2 Eiweiß und ca. 500 g Puderzucker für den Zuckerguss
Zubereitung
Butter, Honig, Zucker und Lebkuchengewürz bei mittlerer Hitze unter Rühren schmelzen und etwas abkühlen lassen.
Mehl, Backpulver und Salz vermengen und Honigmasse und Eier zugeben. Alles zu einem glatten Teig verkneten und mindestens zwei Stunden zugedeckt an einem kühlen Ort ruhen lassen.
Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche gut einen halben cm dick ausrollen, ihn dann aufs Backblech legen und ihn bei 200 Grad im vorgeheizten Ofen ca. 10 Minuten backen.
Teig erkalten lassen und dann daraus die Teile für das Haus ausschneiden. Oder das Zelt. Oder was auch immer.